
60 JAHRE DOPPSTADT: MUT ZUR VERÄNDERUNG
Doppstadt feiert 2025 sein 60-jähriges Bestehen. Wie sahen die Anfangsjahre aus?

Ferdinand Doppstadt: Ich verbinde die Unternehmensgeschichte natürlich mit vielen persönlichen Erinnerungen. Es gibt zum Beispiel ein Foto von mir als Dreijährigen, wie ich stolz auf einer unserer frühen Maschinen sitze. Ich hatte immer Spaß an Technik, an Maschinen und am Schrauben. Ich glaube, das steckt in der Doppstadt-DNA. Unsere Wurzeln liegen in der Landwirtschaft. Über Umwege sind wir dann zu kommunalen Dienstleistungen gekommen. Wir haben Maschinen für die Filterbeckenreinigung und das Recycling von Trinkwasserfiltern gebaut. Von Anfang an haben wir uns nicht als reinen Maschinenbauer, sondern immer als Lösungsanbieter verstanden. Jede Entwicklung war eine Evolution: Es gab ein branchenspezifisches Problem, das haben wir erkannt und dann Lösungen dafür konstruiert.
Wie hat sich Doppstadt in den Folgejahren entwickelt? Was sind Ihre persönlichen Meilensteine?
Ferdinand Doppstadt: In den Anfangsjahren mussten wir immer wieder unsere Innovationskraft und eine große Flexibilität beweisen. Wir haben neue Maschinenlösungen entwickelt, die diese volatilen Marktanforderungen wirtschaftlicher, struktureller und gesetzlicher Natur auffingen, und neue Märkte wie die Umwelttechnik erobert. Diesem Unternehmergeist sind wir bis heute treu geblieben. In den 1980er-Jahren kam dann der große Umbruch zur Serienproduktion. Damals sind wir stark gewachsen – sowohl vom Produktionsvolumen als auch von der Mitarbeiterzahl. Zudem haben wir uns international aufgestellt und Kooperationen mit ersten Händlern im europäischen Markt aufgenommen. Unser alter Produktionsstandort wurde schnell zu klein. In Calbe fand unsere Maschinenfertigung 1992 schließlich eine neue und zukunftssichere Heimat.
Ein großer Einschnitt war 2019 die Umfirmierung der Doppstadt Familienholding zur LIG. Warum sind Sie diesen Schritt gegangen?
Ferdinand Doppstadt: Doppstadt steht seit seiner Gründung für innovative Maschinenentwicklungen, die spezifische Kunden- und Marktherausforderungen bewältigen. Über die Jahrzehnte haben wir deshalb ein umfangreiches Spektrum und Knowhow an Lösungen aufgebaut und diese international etabliert. In den vergangenen Jahren haben sich die Aufgabenstellungen im Recyclingsektor deutlich erweitert. Darüber hinaus sind wir mit stark regionalen, oft durch variierende Gesetzgebung getriebene, Marktunterschiede konfrontiert. Wir haben uns deshalb dazu entschieden, Doppstadt als Marke wieder zu seiner Kernkompetenz zurückzuführen, der innovativen Recyclingtechnik mit Fokus auf der Zerkleinerung von Abfällen. Die LIG übernimmt das vorhandene Knowhow in allen anderen Bereichen.
Mit der Diversifizierung des Recyclingmarktes haben Sie aktuelle Herausforderungen in der Branche angesprochen. Welche weiteren Problemstellungen und auch Chancen sehen Sie derzeit?
Ferdinand Doppstadt: Für unsere Arbeit ist es von entscheidender Bedeutung, immer am Puls der Zeit zu sein. Wir müssen die aktuellen Marktbedingungen und -bedürfnisse kennen, schauen, wo Märkte wachsen, wo die Zukunftsmärkte liegen. Außerdem ist es immens wichtig, dass wir mit allen aktuellen und geplanten Gesetzen in der Recycling- und Entsorgungsbranche vertraut sind. Nur so können wir unseren Kunden zukunftssichere und wirtschaftliche Lösungen bieten. Wir haben uns dazu in den vergangenen Jahren starke Partner an unsere Seite geholt, die unsere Visionen teilen. Unser gemeinsames Ziel ist es, ein attraktives Produktprogramm für unsere Kunden zu entwickeln und uns noch stärker global aufzustellen.

Michael Zeppenfeldt: Aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, wie wichtig die Punkte Rechtssicherheit, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit sind. Bevor ich 2019 als Vertriebsleiter bei Doppstadt anfing, war ich 25 Jahre lang in verschiedenen Positionen im Entsorgungssektor tätig. Es kam durchaus vor, dass stationäre Recyclinglösungen für eine siebenstellige Summe angeschafft wurden, die nach wenigen Monaten schon nicht mehr den wirtschaftlichen oder rechtlichen Grundlagen der vorherigen Planung entsprachen und somit kostspielig angepasst werden mussten.
Wie begegnet Doppstadt diesen Herausforderungen?
Michael Zeppenfeldt: Es ist ein intensiver Prozess, eine individuell geeignete Lösung für unsere Kunden zu entwickeln, mit denen sie die Vielzahl an Herausforderungen optimal bewerkstelligen können. Von Anfang an stand für uns fest, dass Flexibilität, Wirtschaftlichkeit und Rechtssicherheit die Schlüssel zum Erfolg sind. Das haben uns auch unsere Kunden in zahlreichen Gesprächen bestätigt. Nach vielen Überlegungen und Tests sind wir dann zum Ergebnis gekommen, dass mobile Maschinen, die smart zu einer Gesamtlösung kombiniert werden, diese Eigenschaften am besten vereinen. Zusammen mit unseren Kunden haben wir diese Idee in die Praxis überführt und unser Mobile Modular Processing Concept (MMPC) erfolgreich am Markt etabliert.
Wie ist Doppstadt als Unternehmen aktuell aufgestellt?

Gerd Schreier: Wir hatten 2022 unser bislang stärkstes Jahr, sowohl bei den Verkaufszahlen als auch beim Umsatz. 2023 haben wir dann die späten Corona-Folgen mit voller Wucht zu spüren bekommen. Weltweit brach der Markt ein. Viele Unternehmen schoben Investitionen auf. Um weiterhin wirtschaftlich agieren zu können, haben wir jeden Unternehmensbereich und Prozess analysiert, jeden Stein umgedreht, um uns den neuen Gegebenheiten anzupassen. Auch schwierige Entscheidungen mussten getroffen werden. Schweren Herzens trennten wir uns von der Vorfertigung in Calbe. Die ersten positiven Effekte dieser harten, aber notwendigen Umstrukturierung sehen wir bereits jetzt. Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass wir 2025 wieder zu alter Stärke zurückfinden.
Wie werden Sie dies erreichen?
Gerd Schreier: Kern unserer Strategie ist es, wie bereits erläutert, uns voll und ganz auf unsere wichtigsten Kompetenzen zu fokussieren. Wir stehen für flexible, wirtschaftliche und zukunftssichere Recyclinglösungen. In den Bereichen Elektrifizierung und Automatisierung sehen wir derzeit große Chancen. Mit dem INVENTHOR 6.2 und unseren neuen Siebmaschinen SM 620.3 haben wir bewährte Lösungen mit elektrifiziertem Antrieb erfolgreich auf den Markt gebracht. Wir wollen dieses Angebot sukzessive ausbauen.
Ferdinand Doppstadt: Ein weiterer wichtiger Baustein unserer Strategie liegt in der Internationalisierung. Wir sehen in diesem Bereich große Chancen. Derzeit produzieren wir ausschließlich in Deutschland. Wir planen allerdings, in den kommenden Jahren eigene Produktionsstandorte in China und den USA aufzubauen. In China läuft die regionale Fertigung bereits im kleinen Umfang. Unsere Kunden vor Ort profitieren dadurch nicht nur von einer noch engeren Betreuung, sondern auch von schnelleren Lieferzeiten und umfassenden Serviceangeboten. Zudem können wir noch besser auf lokale Anforderungen und Bedürfnisse eingehen.